Zwei Tote in Regionalzug Was wir über die Messerattacke wissen und was nicht
Nach dem Messerangriff in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg hat die Suche nach Antworten begonnen. Das ist bislang bekannt.
Nach dem tödlichen Angriff in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg bleiben Schock, Trauer und die Frage nach dem Warum. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen ihre Ermittlungen zu der Attacke, bei der zwei Menschen starben und sieben verletzt wurden, am Donnerstag fortsetzen.
Das Verbrechen hatte am Mittwoch einen Großeinsatz von Polizei und Rettungskräften ausgelöst und weit über Schleswig-Holstein hinaus für Entsetzen gesorgt.
Was ist passiert?
Ein Mann soll während der Fahrt auf mehrere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei Opfer starben, sieben Menschen wurden nach ersten Erkenntnissen verletzt. Auch der mutmaßliche Täter, den Zeugen überwältigten und festhielten, wurde verletzt.
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Ein vergleichbar schweres Gewaltverbrechen in einem Zug gab es nach Angaben von Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) in Schleswig-Holstein noch nicht.
Was wissen wir über den Täter?
Der Angreifer ist laut Polizei ein 33 Jahre alter staatenloser Palästinenser. Er soll laut "Spiegel" 2014 nach Deutschland gekommen sein, zunächst in Nordrhein-Westfalen und dann im Raum Kiel gewohnt und 2016 subsidiären Schutz erhalten haben. Der subsidiäre Schutz greift laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dann, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden wie Todesstrafe, Folter oder die Bedrohung von Leben und Unversehrtheit durch einen bewaffneten Konflikt droht.
Ibrahim A. soll bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten und vorbestraft sein. Wie dpa aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll er bis letzte Woche inhaftiert gewesen sein. NDR und "Spiegel" zufolge hatte er bis zum 19. Januar in Untersuchungshaft gesessen.
Laut "Welt" wurde gegen den Mann im Jahr 2015 wegen Ladendiebstahls in Euskirchen und Missbrauch von Scheckkarten in Bonn ermittelt, 2016 wegen gefährlicher Körperverletzung in Euskirchen, gefährlicher Körperverletzung in Bad Münstereifel und Ladendiebstahl in Euskirchen. 2018 seien dann Ermittlungen wegen Körperverletzung in Köln und 2019 wegen sexueller Nötigung in Euskirchen aufgenommen worden. 2020 ermittelten die Behörden in Fällen der Sachbeschädigung, Körperverletzung und Bedrohung in Euskirchen sowie wegen Körperverletzung in Bonn gegen den Verdächtigen.
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Wie konnte es zu der Tat kommen?
"Die Hintergründe sind noch unklar", sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch. Es gab erste Hinweise, dass der mutmaßliche Angreifer geistig verwirrt sein könnte, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr. Nach vorläufigen Erkenntnissen war er in Norddeutschland bislang nicht als Extremist aufgefallen. Die Polizei ermittelt in alle möglichen Richtungen, auch zu einem möglichen extremistischen Hintergrund.
Was wissen wir über die Opfer?
Bei den beiden Todesopfern handele es sich um eine 17-Jährige und einen 19-Jährigen aus der Region, wie Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Donnerstagmittag bei einer Sondersitzung des Landtags sagte. "Sie kannten sich." Am Morgen hatte die Ministerin das Alter des Mädchens noch mit 16 Jahren angegeben. Der Zustand und die Schwere der Verletzungen der übrigen Opfer ist noch unklar. Mehr dazu lesen Sie hier.
Die Ermittler befragten Dutzende Zeugen aus dem Zug, der mit rund 120 Fahrgästen besetzt war, in einem Gasthof in der Nähe des kleinen Bahnhofs der Gemeinde im Kreis Steinburg. Viele Fahrgäste wurden seelsorgerisch betreut.
In der Nacht zu Donnerstag wurden die getöteten Opfer von Bestattern aus dem beim Bahnhof in Neumünster abgestellten Zug geholt, wie ein dpa-Fotograf sah. Auch die Spurensicherung war weiter aktiv.
Wie geht es jetzt weiter?
Schleswig-Holsteins Innenministerium ordnete für Donnerstag Trauerbeflaggung an. Um 14 Uhr wollen sich Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und der Leiter der Polizeidirektion Itzehoe, Frank Matthiesen, bei einer Pressekonferenz in Kiel zum Stand der Ermittlungen äußern.
Was sind die Reaktionen auf die Tat?
Nach der Tat drückte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. "All unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser furchtbaren Tat und ihren Familien", schrieb die Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei eine "erschütternde Nachricht". Sütterlin-Waack eilte am Nachmittag zum Tatort und ließ sich informieren. Sie hatte von dem Verbrechen während einer Landtagssitzung erfahren. Sie sei "in Gedanken bei den Familien und Angehörigen der Opfer".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach am Mittwochabend in Kiel von einer schrecklichen und sinnlosen Tat. "Schleswig-Holstein trauert – das ist ein furchtbarer Tag", sagte Günther. Er denke an alle, die trauerten und um die Verletzten bangten. Er sei in Gedanken und Gebeten bei den Menschen, bei den Angehörigen. Der Regierungschef dankte den Einsatzkräften für deren Arbeit und auch denen, die sich um die Passagiere und Zeugen im Zug sowie um die Verletzten gekümmert hätten.
Die Deutsche Bahn sprach den Angehörigen der Opfer tiefes Mitgefühl aus. "Den Verletzten wünschen wir eine baldige und vollständige Genesung."
- welt.de: Die lange Kriminalakte des Tatverdächtigen Ibrahim A. (kostenpflichtig)
- spiegel.de: "Was über den Angriff von Brokstedt bekannt ist" (kostenpflichtig)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa