"Nazi-Kapital" auf Kühne-Grab Zweitreichster Deutscher: Grabstein des Vaters besprüht
Das Grab der Familie Kühne ist in Hamburg besprüht worden. Ein Unbekannter schrieb "Nazi-Kapital" darauf.
Der laut "Forbes" zweitreichste Deutsche, Klaus-Michael Kühne, hadere mit der Stadt Hamburg, berichtete jüngst das "Manager Magazin". Der gebürtige Hanseat fühle sich nicht ausreichend geliebt, hieß es. Grund war, dass der Senat sein Angebot, den Hafenterminalbetreiber HHLA zu übernehmen, zurückgewiesen hatte.
Aus Kühnes Umfeld sei zu vernehmen, der 86-Jährige sei "mehr als verstimmt", berichtete das Magazin. Kühne sei in seinem Stolz gekränkt und sauer über so viel "Undank". Schließlich hatte er zwar der Stadt Hamburg schon vor Jahrzehnten den Rücken gekehrt und war in die steuerlich günstige Schweiz gezogen, nahm sich aber immer noch als Mäzen und wichtiger Geldgeber für Hamburg wahr.
Kühne-Grab in Hamburg: Das ist der Hintergrund des Graffitis
Jetzt könnte Kühne einen weiteren Grund haben, verbittert über die Hamburger zu sein: Wie zuerst die "Hamburger Morgenpost" berichtete, ist das Kühne-Familiengrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof besprüht worden. Ein Reporter, der auf dem Friedhof nachgesehen hat, bestätigte t-online die Farb-Attacke.
Auf das Grab wurde "Nazi-Kapital" geschrieben. Damit nehmen der oder die unbekannten Sprayer die Familiengeschichte der Kühnes ins Visier. Die 1890 von Kühnes Großvater und einem Unternehmerkollegen gegründete Firma Kühne + Nagel hatte sich in der Nazi-Zeit unter Kühnes Vater zu einem mehrfach ausgezeichneten "nationalsozialistischen Musterbetrieb" entwickelt.
Die "M-Aktion" der Nazis: "Solange Herr Kühne durchregiert ..."
Ein jüdischer Teilhaber des Speditionsunternehmens war kurz nach der Machtübernahme der Nazis aus der Firma gedrängt und später in Auschwitz ermordet worden. Ab 1942 war Kühne + Nagel Recherchen zufolge in großem Stil an der systematischen Ausplünderung der europäischen Juden beteiligt und schaffte jüdisches Eigentum aus besetzten Gebieten wie Holland, Frankreich, Luxemburg und Belgien ins Deutsche Reich. Die Rede ist von rund 30.000 Bahnwaggons sowie 500 Schiffsladungen mit Möbeln. Kühne + Nagel sei die bevorzugte Firma der Nazis für dieses schmutzige Geschäft mit dem Namen "M-Aktion" (für Möbel) gewesen, sagen Historiker.
Kritiker werfen Klaus-Michael Kühne vor, bis heute ein mangelndes Interesse an der Aufklärung der Verbrechen zu haben, an denen sein Vater und sein Onkel beteiligt waren. Eine 2015 öffentlich präsentierte offizielle Firmengeschichte weise "riesengroße Lücken" und "Geschichtsverdrehung" auf. Auch wenn Kühne + Nagel inzwischen Stück für Stück ein paar Aspekte eingeräumt hätten, fehle immer noch eine klare Haltung zur Nazi-Vergangenheit, sagte 2022 der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Bremen, Henning Bleyl: "Solange Herr Kühne als Aktionär durchregiert, erwarte ich auch keine größere Klarheit."
Aktuelle "Forbes"-Zahlen: Nur ein Deutscher ist reicher als Kühne
Jüngsten Zahlen des "Forbes"-Magazins zu Folge wird das Vermögen von Klaus-Michael Kühne auf rund 39,1 Milliarden US-Dollar geschätzt (umgerechnet 35,75 Milliarden Euro). Damit wäre in Deutschland nur noch Dieter Schwarz mit 42,9 Milliarden Dollar Besitz reicher.
Neben dem Kühne-Familiengrab wurde auch die Grabstätte des ehemaligen Hamburger NSDAP-Gauleiters und Reichsstatthalters Karl Kaufmann besprüht. Auf seinem Grabstein hinterließen die Sprayer die Worte "HH’s Nazi-Gaul".
- Reporter vor Ort
- mopo.de: "Grab von Klaus-Michael Kühnes Vater mit Farbe beschmiert"
- taz.de: "Logistiker der 'Arisierung'"
- ndr.de: "Global Player mit belasteter Vergangenheit"
- deutschlandfunk.de: "NS-Geschichte von Kühne + Nagel: Unaufgearbeitete Vergangenheit"
- manager-magazin.de: "Warum Reichtum für Klaus-Michael Kühne nicht alles ist"
- forbes.com: "Forbes Billionaires 2023: The Richest People In The World"