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Hilal Ercan seit 25 Jahren vermisst – was ist mit ihr passiert?


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Seit 25 Jahren vermisst
Hilal wollte Kaugummi kaufen – doch kehrte nie zurück


Aktualisiert am 27.01.2024Lesedauer: 4 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:240124-99-732067Vergrößern des Bildes
Hilal grinst in die Kamera (Archivbild): Das Mädchen lebte im Stadtteil Lurup. (Quelle: Polizei Hamburg/dpa)

Seit 25 Jahren ist Hilal Ercan aus Hamburg-Lurup verschwunden. Die Ermittler sind unzähligen Spuren nachgegangen. Die Familie hat vor allem einen Wunsch.

Das rote Zopfgummi passt zur Farbe ihres Pullovers. Der Pony sitzt etwas wirr auf ihrer Stirn, fast so, als sei sie kurz vor der Aufnahme des Fotos noch durch die Gegend gerannt. Das Bild zeigt Hilal Ercan. Sie war zehn Jahre alt, als sie loszog, um sich Kaugummi zu kaufen – und nie zurückkehrte. Das ist ihre Geschichte.

Am 27. Januar 1999 macht sich Hilal Ercan zur Mittagszeit zum Einkaufszentrum "Elbgaupassage" auf. Es liegt in der Nachbarschaft ihres Wohnortes im Hamburger Stadtteil Lurup. An jenem Tag hat sie ein gutes Halbjahreszeugnis mit nach Hause gebracht. Zur Belohnung gibt der Vater seiner Tochter eine D-Mark und erlaubt ihr, sich Süßigkeiten zu kaufen. Seitdem ist Hilal verschwunden. Heute wäre sie 35 Jahre alt.

Was geschah mit Hilal Ercan?

Im Januar 2018 hat die Hamburger Polizei eine Tafel mit einer Fahndungserinnerung an dem Einkaufszentrum angebracht. Daran hängt ein kleiner Engel, "Vermisst!" steht in großen roten Buchstaben auf der Tafel. Daneben ein Foto, das das lächelnde Mädchen mit langen dunklen Haaren zeigt.

Was genau mit Hilal geschah, ist auch 25 Jahre nach ihrem Verschwinden noch unklar – trotz aller Bemühungen der Behörden in Hamburg. Es wurde bis heute keine Leiche gefunden. "Der Sachstand ist eigentlich unverändert: Wir haben bisher keinen Täter ermitteln können", sagt die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering, der Deutschen Presse-Agentur. Man gehe immer wieder Hinweisen nach, "aber es gibt eben keine heiße Spur."

Verschwinden von Hilal bewegt eine ganze Stadt

Hilals Familie hat nach so vielen Jahren keine Hoffnung mehr, dass das Mädchen noch lebt. "Es ist derselbe Schmerz wie vor 25 Jahren, das wird sich auch nicht ändern", teilt Hilals Bruder, Abbas Ercan, auf Anfrage zum Jahrestag des Verschwindens mit. "Bis heute haben wir kein Grab, an dem wir trauern können."

Die Mutter verwahre einen Koffer voller Erinnerungsstücke. Er werde vor allem in traurigen Momenten geöffnet. "Charakterlich war sie eine Beschützerin und sehr hilfsbereit und mutig", erinnert sich der Bruder, der bei Hilals Verschwinden zwölf Jahre alt war, an seine Schwester.

Das Schicksal des kleinen Mädchens bewegt die Menschen in der Hansestadt bis heute. Seit 2021 fährt ein Bus der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein, der mit einem Zeugenaufruf beklebt ist. Oberstaatsanwältin Oechtering betont: "Wir werden die Akte nicht schließen. Mord verjährt nicht." 20.000 Euro hat die Staatsanwaltschaft als Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Aufklärung der Tat führen.

Hilals Leiche im Hamburger Volkspark vermutet

Der Fall der zehnjährigen Hilal hat im Laufe der Jahre viele Wendungen genommen: Im März 1999 berichtete die Polizei beispielsweise von zwei Fahrern eines Servicewagens, die ausgesagt hatten, sie hätten auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum einen korpulenten Mann mit lichtem rotblonden Haar gesehen. Er habe ein Mädchen an der Hand gehabt, das Hilal ähnlich gesehen habe.

Ein 2005 ermittelter Tatverdächtiger gestand zudem, Hilal entführt und getötet zu haben: Dirk A., der im Oktober 2000 wegen acht Missbrauchstaten zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war, erzählte in der Psychiatrie dem Personal, er habe Hilal missbrauchen wollen. Als sie sich gewehrt habe, habe er das Mädchen erwürgt und die Leiche im Volkspark vergraben. Später zog er sein Geständnis jedoch zurück.

Mehrfach suchten die Ermittler deshalb Gelände in Hamburg ab. Wie im Jahr 2022, als ein Grundstück in einem Kleingarten im Hamburger Volkspark zunächst gerodet und dann auf Anomalien untersucht wurde. Neue Beweismittel wurden aber nicht gefunden.

Auf den Kleingarten waren die Ermittler aufmerksam geworden, nachdem die Familie von Hilal mithilfe von Freunden und Unterstützern auf eigene Faust nach Spuren gesucht hatte. Zwei Suchhunde hatten unabhängig voneinander an einer Stelle im Volkspark angeschlagen, wie in einer NDR-Doku zu sehen war.

Wogen zwischen Hamburger Polizei und Familie sind geglättet

Doch die Hamburger Beamten mussten sich auch Kritik anhören, weil sie falsche Spuren verfolgt haben sollen. So hatte die kurz nach dem Verschwinden des Kindes eingerichtete Sonderkommission ihre Ermittlungen auch auf die Türkei ausgedehnt. Geprüft wurde nach Polizeiangaben aus dieser Zeit, ob das Kind in das frühere Heimatland der Familie verschleppt wurde.

Auch Familienmitglieder gerieten damals vorübergehend unter Verdacht. So hielten die Fahnder Hilals Großmutter zeitweise für die Entführerin. Ein Grund dafür waren widersprüchliche Angaben, die aber – wie sich später herausstellte – einen ganz anderen Hintergrund und nichts mit dem Verschwinden des Kindes zu tun hatten.

"Die Polizei musste ja damals jeder Spur nachgehen, das war für die Familie nicht schön, aber daraus mache ich heute keinen Vorwurf mehr", sagt Abbas Ercan, der Bruder von Hilal. Zwischendurch sei das Verhältnis zu Ermittlern angespannt gewesen, weil die Frustration der Familie so groß gewesen sei, dass der Fall noch immer nicht geklärt ist. "Aber heute ist der Kontakt zur Polizei gut, und wir vertrauen darauf, dass alles für die Lösung des Falls getan wird."

Hilals Familie hofft, dass sich der Täter irgendwann meldet

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird das Verfahren fortlaufend überprüft. Bundes- und europaweit werde geschaut, ob es Parallelen zu anderen Fällen gibt, berichtet Oechtering. "Es gibt in der jüngeren Kriminalgeschichte in Hamburg kein anderes vergleichbares Verfahren, das mit einem solchen Aufwand vonseiten der Ermittlungsbehörden betrieben wird."

Die Familie appelliert an mögliche Mitwisser oder bisher unbekannte Zeugen, sich zu melden. "Wir hoffen, dass der Täter sich irgendwann offenbart, er das Wissen nicht mit ins Grab nimmt", teilte Hilals Bruder, Abbas Ercan, auf Anfrage mit. Denn die Familie wünscht sich Gewissheit, was mit dem Mädchen geschah. "Hoffentlich kommt bald die Erlösung."

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene t-online-Artikel
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