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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ungewöhnliches Hobby Kohle schaufeln unter Deck: "Hier kann es 42 Grad heiß werden"
Bis zu 100 Kilogramm Kohle pro Stunde schaufeln Freiwillige in den Heizofen, um den Dampfer "Otto Lauffer" in Fahrt zu bringen. Warum tun sie sich das an?
Zu laut, zu dreckig, zu heiß. Es riecht nach warmem Öl und Kohle. Die meisten Menschen meiden diesen Ort. Michael (57), Christoph (54) und Nico (27) verbringen hier jedoch ihre Freizeit. Sie sind die Besatzung des historischen Dampfers – und machen ohne Bezahlung die "Drecksarbeit" unter Deck.
"Kippe aus und los!", ertönt es vom Steuerrad aus dem Ruderhaus. Der Kapitän Jan trommelt die sechsköpfige Mannschaft zusammen. Es ist Binnenhafenfest in Harburg. 20 Gäste zwischen sieben und 70 Jahren stehen dicht gedrängt an Bord, um mit dem historischen Dampfer eine Runde zu drehen.
Geld bekommt hier niemand – alles ist Ehrenamt
"Meistens buchen Reiche unser Schiff für Charterfahrten", erklärt Christoph, der unter der Woche bei einem Forschungsinstitut als Informatiker arbeitet. Er steht in einem schwarzen Overall neben dem Kohlebunker im Maschinenraum. Seine grauen Haare hat er zum Zopf gebunden.
"Sie sind total nett, behandeln uns aber manchmal wie Angestellte", bemängelt er, "noch schöner sind deswegen die offenen Fahrten, wo Fans an Bord sind". Für die gesamte Besatzung ist die Arbeit an und unter Deck eine Ehrensache. Geld bekommt hier niemand. Alles passiert ehrenamtlich.
Historische Barkasse "Otto Lauffer"
Das Schiff "Otto Lauffer" ist eines von zehn historischen Wasserfahrzeugen, das dem Verein "Museumshafen Oevelgönne" gehört. 40 Jahre lang war es als Polizeibarkasse "Hafenpolizei VI" im Dienst. Heute kann man es für private Fahrten mieten oder zu Festtagen besichtigen.
Michael arbeitet beim TÜV: "Ich spiele gerne mit Dampfmaschinen"
Mit einem breiten Grinsen erklärt Michael, Sachverständiger für Dampfkessel und Druckanlagen beim TÜV, dass er auch im Arbeitsalltag mit Kesseln zu tun hat. Nur sind diese dann so groß wie das gesamte Schiff hier. Die Arbeit als Maschinist der "Otto Lauffer" macht er nur aus Spaß. "Ich spiele gerne mit Dampfmaschinen", sagt er.
Die Arbeit im Maschinenraum ist Knochenarbeit. Tags zuvor musste Michael das Kesselwasser von Raumtemperatur auf etwa 70 Grad vorheizen. Am Tag des Hafenfests – ein Sonntag – ist er um 4.30 Uhr aufgestanden, damit das Boot pünktlich um 10 Uhr zum Harburger Hafenfest abfahren konnte.
Montag bis Freitag in der Bibliothek – am Wochenende unter Deck
Theoretisch könnten die Besucher selbst mit anpacken, das machen aber die wenigsten. "Mit guten Klamotten ist das hier so eine Sache", sagt der Informatiker Christoph und lacht. Einer, der als Besucher kam und als Heizer geblieben ist, ist Nico. Mit seinen 27 Jahren ist er mit Abstand das jüngste Mannschaftsmitglied. Der Altersdurchschnitt der Truppe liegt eigentlich bei 50 Jahren.
"Wenn ich abends kurz an Deck gehe, ich den Sonnenuntergang über der Elbe sehe und der Dampf hinter mir aus dem Kamin kommt, dann steht die Zeit für mich still", sagt Nico mit einem Seufzer.
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Aktuell schreibt er seine juristische Doktorarbeit an der Universität Hamburg. Einmal pro Monat tauscht er die Bibliothek gegen das Dampfschiff und den Laptop gegen Blaumann, Arbeitshandschuhe und Sicherheitsstiefel ein. "Jura ist Theorie", sagt er, "hier kann ich wortwörtlich Dampf ablassen."
"Wie auf einer Nussschale"
Die Aufgabe als Heizer geht mit einer gewissen Verantwortung einher. "Ich bin dafür zuständig, dass immer genug Druck im Kessel ist.", sagt Nico, "doch es dauert nun einmal, bis die Kohle brennt."
Kein Druck, kein Dampf, keine Kolbenbewegung. "Kommt die Schiffsschraube unseres Dampfers zum Stillstand, dann schwimmen wir wie auf einer Nussschale", erklärt Nico. Bei fließendem Schiffsverkehr auf der Elbe kann das schnell gefährlich werden. Zum Glück sei das aber noch nie passiert.
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Der 27-Jährige nimmt eine Schaufel in die Hand und fängt an, Steinkohle aus dem Bunker in den Ofen zu schippen. Bei voller Fahrt können das bis zu 100 Kilogramm pro Stunde sein.
Das Feuer brennt, die leuchtend orangefarbene Glut ist etwa 1.300 Grad heiß. "Im Sommer kann es hier unten im Maschinenraum bis zu 42 Grad heiß werden", merkt Nico an und tupft sich mit einem weißen Halstuch den Schweiß von der Stirn.
"Menschen wie Nico sind ein Lottogewinn", erklärt Michael. Nur wenige junge Leute könnten sich mit Ruß, Schweiß und Dreck anfreunden.
Am Abend wartet das "Anlegerbier"
Am Ende des Ausflugs ertönt plötzlich ein schrilles Pfeifen. "Oh, Telefon!", ruft Michael. Christoph zieht einen Stöpsel aus einem Messing-Trichter und lauscht hinein: "Was? Ah, ja, in zehn Minuten sind wir da!"
Michael atmet auf: "Super, dann gibt es gleich ein Anlegerbier."
- Reporter vor Ort
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