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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Konzert in Hamburg Bryan Adams: Überraschung beim Kuschelrock-König
Bryan Adams gilt als der Meister des Kuschelrock. Auf seiner Tour zelebriert der Kanadier Balladen aus 40 Jahren – und schlägt auch härtere Töne an. t-online war in Hamburg mit dabei.
Kaum ein anderer Musiker hat ein so gutes Händchen für Rock-Romantik wie Bryan Adams. Man kombiniere eine Reibeisenstimme mit einem langsamen Rhythmus und einem ausgiebigen E-Gitarren-Solo – und heraus kommen stets die ganz großen Gefühle. Seine Fans lieben das genau so: Unter den gut 10.000 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Barclays Arena befinden sich augenscheinlich viele Pärchen.
Die bekommen zum Start allerdings alles andere als eine Ballade serviert. Das Intro inszeniert Rock als Gottes Hilfe gegen schlechte Musik und Bryan Adams als den Messias, der uns von Selbiger erlöst. Der Kanadier rennt auf die Bühne, schreit "Let there be guitars!" ins Mikro und legt los. "Kick Ass" lautet der Name der Eröffnungsnummer – passt. Bryan Adams, der Schmuserocker, ist eben auch Bryan Adams, der Arenarocker.
Bryan Adams begeistert Hamburger Fans: Er kann es hart und zart
Und er ist einer, der mehr als nur ein dröges Best-of geplant hat: Der Song ist einer von dreien, die vom aktuellen Album "So Happy It Hurts" stammen. Richtig in Fahrt kommt das Publikum dann schon bei den nächsten Nummern: "Can't Stop The Thing We Started", "Somebody" und "18 Til I Die" laden endgültig zum munteren Mitsingen und Mitklatschen ein.
Dann darf endlich zum ersten Mal hemmungslos geschmust werden: Kaum erklingen die ersten Töne von "Please Forgive Me", versinkt die Barclays Arena schon im Lichtermeer der Handylampen – und das nicht zum letzten Mal. Der große Kuschelblock kommt allerdings später, erst einmal wird Gas gegeben. "One Night Love", "Shine A Light", Take Me Back", "Rock And Roll Hell", "Go Down Rockin'", "You Belong To Me" oder "Kids Wanna Rock" sind tolle, manchmal überraschend harte Rocksongs. Selbst "Heaven" bekommt eine ordentliche Portion Tempo verpasst.
Ein großer Faktor ist das Zusammenspiel von Bryan Adams mit seiner Band, besonders mit seinem Gitarristen Keith Scott. Ihr großer Moment ist "It's Only Love": Keith Scott spielt erst ein gefeiertes Solo, ehe Bryan Adams Anleihen aus "The Best" und "What's Love Got To Do With It" einbaut – ein Tribut an seine Duettpartnerin Tina Turner. Für Joe Cocker spielt er später noch eine Akustikversion von "When the Night Comes".
Bryan Adams in Hamburg: Gute Musik und gute Musiker
Der Fokus liegt an diesem Abend klar auf der Musik. Gelegentlich fliegt ein mittels Drohne gesteuertes Auto durch die Arena, manchmal wandern riesige Bälle hin und her. Im Hintergrund laufen hier und da Videoclips auf einer Leinwand. Das muss an großem Tamtam reichen, mehr als das braucht eine klassische Rockshow auch gar nicht. Bryan Adams hat viel Spaß daran.
Das Publikum zieht mit und lässt sich anstecken. Bei den ganz, ganz großen Hits legt es stimmungstechnisch sogar noch eine Schippe obendrauf. Bei "When You're Gone", "Run To You" und "Summer Of '69" hält es niemanden mehr auf den Plätzen.
Und dann ist da noch der erwähnte Kuschelblock. Mitgebracht hat Bryan Adams das Feinste, das die Kategorie "Herzschmerzrock allererster Schmalzigkeit" so hergibt: "(Everything I Do) I Do It For You", "Have You Ever Really Loved A Woman?" und "Straight From the Heart" bieten eine Gänsehautgarantie. Da schmelzen selbst stahlharte Rocker-Herzen schneller als Schokolade im Sommer.
Für das Finale hat sich der 64-Jährige nach knapp 140 Minuten einen Song ausgesucht, der zugleich Rock- und Schmusehymne ist. Bei "All For Love" laufen der Musiker und die Fans noch einmal zur Höchstform auf. "Musik ist eine wunderschöne Sache", sagt Bryan Adams. Stimmt.
- Besuch des Konzerts von Bryan Adams am 6. Oktober 2024