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Krieg in der Ukraine: Hamburger Unternehmen: "Waren nicht auf die Auswirkungen vorbereitet"


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Krieg in der Ukraine
Hamburger Unternehmen: "Waren nicht auf die Auswirkungen vorbereitet"


28.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Ein Containerschiff im Hamburger Hafen (Symbolbild): Der Hafen hat eine Außenstelle in St. Petersburg.Vergrößern des Bildes
Ein Containerschiff im Hamburger Hafen (Symbolbild): Der Hafen hat eine Außenstelle in St. Petersburg. (Quelle: blickwinkel/imago-images-bilder)

Der Containerverkehr mit Russland ist für den Hamburger Hafen von enormer Bedeutung. Hunderte Firmen pflegen Geschäfte mit Russland. Mit den EU-Sanktionen könnten diese einbrechen.

Die Sanktionen der EU gegen Russland könnten auch Unternehmen in Hamburg schwer treffen. 861 Firmen in der Hansestadt stehen nach Angaben der Handelskammer in direkten Handelsbeziehungen zu Russland. Im vergangenen Jahr wurden zwischen Januar und November dabei etwa 3,5 Milliarden Euro umgesetzt. Damit steht Russland auf Platz elf der Wirtschaftspartner der Hansestadt.

"Der Containerverkehr mit Russland ist in Hamburg der stärkste unter den europäischen Partnerländern", wird Marina Basso Michael, Regionaldirektorin Europa bei Hafen Hamburg Marketing e. V. (HHM), in einer Pressemitteilung zitiert. Der stärkste Verbindungshafen ist dabei der Hafen in St. Petersburg.

Logistikzentrum in Odessa geschlossen

Seit 2003 unterhält Hafen Hamburg Marketing dort eine eigene Repräsentanz. "HHM ist im stetigen Kontakt mit den russischen Partnern im Hafen St. Petersburg und darüber hinaus. So positioniert sich die Hamburger Hafenwirtschaft weiterhin in der russischen Transport- und Logistikwirtschaft und wird über die Hafenvertretung im Dialog bleiben", heißt es weiter.

Auch in der Ukraine gibt es ein Logistikzentrum des Hamburger Hafen- und Logistikkonzerns HHLA. Dieses wurde bereits in der vergangenen Woche geschlossen, die Mitarbeitenden wurden nach Deutschland gebracht. Die Reedereien Maersk und Hapag-Lloyd haben einen Buchungsstopp für Seetransporte aus der oder in die Ukraine beschlossen.

Warenembargo für russische Produkte innerhalb der EU

Aktuell gibt es den Angaben zufolge zehn Liniendienste zwischen dem Hamburger Hafen und Russland, sieben davon mit St. Petersburg, die anderen mit Kaliningrad, dem früheren Königsberg. "Wir haben keine Informationen über betriebliche Einschränkungen", hieß es.

Russischen Schiffen droht indes ein Einlaufverbot in Häfen in der EU, wie EU-Beamte am Sonntag in Brüssel bestätigt hatten. Ein Beschluss hierzu steht jedoch noch aus. "Es gibt aktuell noch keine eindeutige Regelung", man rechne aber "in Kürze" damit, sagte der Chef der Hamburger Hafenbehörde HPA, Jens Meier.

Nach Meiers Angaben gibt es aktuell in Hamburg zwar nur sehr wenige Anläufe von Schiffen, die unter russischer Flagge fahren. Bei einem Embargo gehe es allerdings "um die Waren", sagte Meier. Er wies darauf hin, dass Waren mit Ziel Russland nicht zwangsläufig von Schiffen unter russischer Flagge transportiert würden.

Hamburg: Bestehende Sanktionen belasten Handelsbeziehung seit 2014

Schon seit dem Jahr 2014 ist das Wirtschaftsvolumen im Handelsverkehr allerdings gesunken. Bestehende Sanktionen und Gegensanktionen seitens Russlands erschweren die Geschäfte. Nun stehen die Logistikketten zusätzlich unter Druck.

"Noch können wir das Ausmaß nicht abschätzen", erklärt Philip Koch von der Hamburger Handelskammer t-online. Von den personenbezogenen Sanktionen könnten einzelne Firmen vollkommen unberührt bleiben. Der Ausschluss von den Finanzmärkten könne hingegen schwerwiegende Auswirkungen auf fast alle Firmen haben.

Lieferungen von medizinischen Hilfsgütern erschwert

Auch das Unternehmen von André Schulte ist von dem Krieg in der Ukraine und den Sanktionen der EU gegen Russland betroffen. Die Weinmann Emergency Medical Technology GmbH beliefert Rettungsdienste mit lebenserhaltenden Systemen wie Beatmungsgeräten, Defibrillatoren und allem, was dazu gehört, um den Rettungsdienstmitarbeitern zu helfen, Menschenleben zu retten.

Dazu hat die GmbH eigene Standorte in einigen der 120 Länder, in die sie die Güter liefert: In Russland und der Ukraine sitzen Distributionspartner. "Unser Distributionspartner in Moskau und unsere Mitarbeiter in Russland verstehen die Eskalation nicht wirklich und stehen auch nicht dahinter", so Schulte. "Ich glaube generell, dass die Unternehmen, die international agieren oder auch Kontakte haben, genauso geschockt sind wie wir. Geschockt darüber, dass das jetzt so eintritt. Die waren ebenfalls nicht auf solche massiven Auswirkungen vorbereitet."

Hamburger Unternehmen: "Menschenleben steht über allem"

Vorerst liegen alle aktuellen Projekte des Unternehmens in Russland auf Eis. Man müsse die Auswirkungen der Sanktionen abwarten, sagt der Geschäftsführer. "Wir schauen ganz genau, wie sich die Sanktionen mit Blick auf die Banken gestalten. Also: Welche Banken sind noch handlungsfähig? Wie können wir dort entsprechende Geschäfte auch in der Zukunft abwickeln?", so Schulte weiter.

"Natürlich wollen wir Produkte und Geschäfte machen, aber dennoch steht das Menschenleben über allem", erklärt der Geschäftsführer der Weinmann Emergency Medical Technology GmbH. "Unser Slogan heißt 'We simplify saving lifes'. Wir wollen Menschenleben retten und das überall. Wir liefern Hilfsmittel und Hilfsgüter für Medizinprodukte, die dazu dienen, Menschenleben zu retten. Und wir wollen natürlich weiterhin Leben von Kindern und Zivilpersonen in Krisengebieten unterstützen und dort humanitär tätig sein."

Partner in der Ukraine sind handlungsunfähig

"Aus unserer Sicht muss man auch über die Ukraine sprechen", führt Schulte an. "Wir haben ebenfalls einen Distributionspartner in Kiew, der derzeit nicht handlungsfähig und um die Sicherheit seiner Mitarbeiter bemüht ist." Das werde sich sicherlich negativ auf geplante Projekte zum Ausbau des Rettungsdienstes in der Ukraine auswirken.

Mit einem Entwicklungsdienstleister in Lwiw arbeitet das Unternehmen ebenfalls seit Jahren eng zusammen. Dieser führe Softwareentwicklungsleistungen für Weinmann durch. Da auch er handlungsunfähig ist, hat das direkte Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der Hamburger Firma. Die Produktentwicklung stockt. "Wir sind schon dabei, Lösungen zu suchen, wie wir damit umgehen. Wie wir mit den Mitarbeitern umgehen, ob die Mitarbeiter vielleicht zum Teil aus anderen Regionen weiterarbeiten können oder vielleicht auch aus Deutschland."

Taskforce soll Hamburger Unternehmen helfen

Im digitalen Bereich drohen weiteren Firmen Beeinträchtigungen durch den Krieg in der Ukraine. "Wir müssen mit Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur rechnen, auch hier in Hamburg", warnte der Hamburger Innenminister Andy Grote. "Bisher gibt es aber keinen Hinweis darauf, dass es bereits in Deutschland solche Angriffe gegeben hat."

Nach Angaben der Handelskammer sind 60 Firmen aus der Hansestadt in der Ukraine vertreten, davon 27 mit Auslandsvertretungen, 29 mit Niederlassungen und 4 mit Produktionsstätten. Im Außenhandel der Hansestadt nimmt die Ukraine allerdings eine untergeordnete Rolle ein. Demnach wurden nach zuletzt verfügbaren Jahresdaten 2020 Güter im Wert von 152,1 Millionen Euro aus der Ukraine importiert und Waren im Wert von 41,3 Millionen Euro exportiert. Das entspricht weniger als 0,3 Prozent der Einfuhren und rund 0,1 Prozent der Ausfuhren.

Verwendete Quellen
  • Hafen Hamburg Marketing e.V. in einer Pressemitteilung
  • Gespräch mit Philip Koch, Leiter Strategie und internationale Beziehungen der Hamburger Handelskammer
  • Gespräch mit André Schulte, Weinmann EMT GmbH
  • Nachrichtenagentur dpa
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