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"Prepper" verurteilen Hamsterkäufe wegen Ukraine-Krieg


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Hamsterkäufe und Co.
Wie "Prepper" sich auf den Weltuntergang vorbereiten


Aktualisiert am 30.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Sven Mielke in seinem Wohnzimmer: Er ist vorbereitet, falls der Strom ausfällt oder er für eine Zeit von der Versorgung abgeschnitten ist.Vergrößern des Bildes
Sven Mielke in seinem Wohnzimmer: Er ist vorbereitet, falls der Strom ausfällt oder er für eine Zeit von der Versorgung abgeschnitten ist. (Quelle: Jannis Große)

In Deutschland bereiten sich viele Menschen auf mögliche Lebensmittelknappheiten wegen des Krieges in der Ukraine vor. Hamsterkäufe nehmen wieder zu. "Keine gute Idee", sagen "Prepper".

Vielerorts sind die Regale in Supermärkten leergekauft, die Betreibenden beschränken die Abgabemengen für Mehl und Speiseöl. Die Menschen hamstern wieder Lebensmittel. Viele "Prepper", also Menschen, die Dinge des täglichen Bedarfs für schwere Krisen horten, sind da schon drei Schritte weiter. In Facebook-Gruppen wird über Fluchtrucksäcke und Fluchtziele im Kriegsfall diskutiert, andere fragen nach Empfehlungen für Geigerzähler oder medizinische Notfallsets.

Einer, der sich als "Prepper" versteht, ist Sven Mielke. "Preppen heißt vorbereitet sein", erzählt er. "Ich habe gerne etwas im Haus, wenn mal der Strom ausfällt oder man im Supermarkt nichts einkaufen kann. Haben ist besser als brauchen."

Sven Mielke wohnt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Itzehoe. Einmal pro Stunde hält hier der Bus. Wie fast überall in Schleswig-Holstein sind die meisten Häuser aus rotem Klinker. In der Dorfmitte gibt es einen Gasthof, die Bäckerei ist verlassen. Mielke wohnt in einer kleinen Zweizimmerwohnung in einem der wenigen Mehrfamilienhäuser.

"Blöd, dass die meisten Leute nur an sich denken und hamstern"

Neben dem Bedürfnis grundsätzlich vorbereitet zu sein, beschäftigt ihn auch der Krieg in der Ukraine und eine konkrete Sorge vor Stromausfällen durch die Energiewende. Für Menschen, die jetzt aus Panik hamstern, hat er wenig Verständnis.

"Das sind die Leute, die sich vorher keine Gedanken gemacht haben, die können jetzt nur reagieren", erzählt Sven Mielke. "Man kann die Menschen deswegen ja nicht verurteilen. Ich finde es nur ein bisschen blöd, dass die meisten Leute nur an sich denken und hamstern – anstatt vernünftig einzukaufen und nur ein paar Flaschen mitzunehmen."

Prepperin: "Hamstern ist Lebensmittelverschwendung"

Auch Svea kann nicht verstehen, warum die Menschen jetzt hamstern, erzählt sie in einem Telefoninterview. Svea wohnt in Flensburg und versteht sich als Prepperin. "Öl zum Beispiel wird ja auch ranzig. So viel kann ein Privathaushalt gar nicht verbrauchen, wie die Leute hier einkaufen", erzählt sie.

"Ich verstehe auch nicht, warum die Leute wieder anfangen Mehl zu kaufen, was sie niemals wirklich verbrauchen werden. Für mich ist das eher Lebensmittelverschwendung." Svea erzählt, sie habe einen großen Vorrat an Reis und Nudeln zu Hause.

Vorratskisten und Notfallausrüstung stapeln sich im Keller

Nach Empfehlung des Handelsverbands sollte niemand aus Panik Lebensmittel hamstern. Gleichzeitig rät das Amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dauerhaft einen gewissen Vorrat an Lebensmitteln und Getränken zu lagern.

Für Notfälle wie eine Quarantäne, extreme Unwetter, Hochwasser oder Stromausfälle sollte man nach Empfehlung des Bundesamts Essen und Trinken für zehn Tage auf Vorrat haben. "Das sollte in der Regel ausreichen, um auch in schwierigeren Lagen die Zeit zu überbrücken, bis staatliche Hilfe eintrifft oder die Notsituation ausgestanden ist", heißt es auf der Webseite dazu.

Sven Mielke hat Lebensmittel und Wasser für mehr als zwei Wochen im Keller eingelagert. Im besten Fall könne er bis zu drei Monate mit seinem Vorrat auskommen, erzählt er. In seinem Keller lagern außerdem weitere Hilfsmittel für einen Katastrophenfall: Gaskocher, leere Kanister, ein Schlafsack, eine Isomatte, Erste-Hilfe-Sets, Klopapier, ein Kochset und jede Menge anderer Dinge. Gut die Hälfte seines Kellerabteils nehmen die Vorratskisten dafür ein.

Es gibt nicht den einen "Typ Prepper"

In einer öffentlichen Facebook-Gruppe für Prepper stellt eine Nutzerin aus Wien die Frage, was all die vielen Vorräte und Vorbereitungen bringen, wenn man von heute auf morgen das Zuhause verlassen muss – wie es viele in der Ukraine in den letzten Wochen machen mussten. Andere Nutzer sprechen ihre Sorgen vor Blackouts und einem Atomkrieg in den Gruppen an. Eine Mutter schreibt in einem Kommentar, die Vorbereitung würde gegen ihre Ängste helfen.

"Der Begriff Prepper ist schon schwierig. Das ist viel mehr ein Spektrum von Leuten als ein besonderer Typus Mensch", erklärt Gabriela Keller. Sie ist investigative Journalistin und Autorin des Buchs "Prepper: Bereit für den Untergang". Ihrer Erfahrung nach haben viele Menschen aus dem Spektrum wenig miteinander gemein. "Gemeinsam haben sie nur, dass sie sich irgendwie auf mögliche Krisen vorbereiten", so Keller. "Das reicht von im Grunde ganz vernünftigen Menschen, die sich ein kleines Handlager einrichten, bis hin zu rechtsextremen Doomsday-Preppern."

Dauerhafte Auseinandersetzung mit möglichen Krisen

Rechtsextreme Prepper-Gruppen bereiten sich auf einen Tag X vor. Einige sammeln Waffen und Munition, um bei Eintritt eines Katastrophenzustands politische Gegner zu töten. Journalisten der "TAZ" haben mit ihren Recherchen zum "Hannibal-Netzwerk" zu solchen Gruppen recherchiert. Die bekannteste ist wohl die "Gruppe Nordkreuz", zu der auch Mitglieder deutscher Sicherheitsbehörden gehören.

Diese Gruppen sind aber nur ein kleiner Teil des Spektrums. Laut den Recherchen von Gabriela Keller sind die meisten Prepper im Mittelstand angesiedelt. Anders als Menschen, die nur infolge der Pandemie oder des Ukraine-Kriegs Lebensmittel hamstern, setzen sich Prepper dauerhaft mit der Thematik auseinander.

"Prepper reagieren auch auf konkrete Krisen, aber sie hören natürlich nicht auf, wenn die Krise vorbei ist", erklärt die Investigativjournalistin. "Die meisten Prepper setzen sich auf die eine oder andere Art eigentlich dauerhaft und ständig mit der Krisenanfälligkeit unserer Welt auseinander."

Einlagern und Vorräte bilden wie die Großeltern

Mielke ist seit rund zwei Jahren Prepper. Durch Wehrdienst bei der Bundeswehr und seine Zeit beim Technischen Hilfswerk habe er gelernt, auf mögliche Krisen zu achten, erzählt er. Seine Vorräte vergleicht er mit dem Einlagern von Lebensmitteln, wie es seine Großeltern gemacht haben. Und damit ist er nicht alleine.

Auch Svea aus Flensburg nimmt beim Preppen Bezug auf ihre Großeltern. "Die hatten immer Reis, Nudeln und Eingemachtes in Gläsern im Vorratsraum gehabt", erzählt sie. Mielke erzählt, er würde seine Vorräte beim Einkaufen nachfüllen, wenn es genug davon gibt oder Sachen, die er braucht, im Angebot sind. Anders als Sven Mielke und Svea sind viele Prepper nicht bereit, mit Journalisten zu sprechen. Nicht zuletzt, weil sich viele in Berichten über rechte Prepper falsch dargestellt fühlen.

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Soziale Medien fördern Zusammenführung von Preppern und Corona-Leugnern

In einigen thematischen Telegram-Gruppen werden Quellen und Beiträge geteilt, die auch bei verschwörungsideologischen Corona-Leugnern und Impfgegnern großen Anklang finden. "Es gibt schon einen sehr starken Zusammenhang zwischen einem apokalyptischen Mindset, Verschwörungstheorien und Preppern", sagt Gabriela Keller dazu. Viele Verschwörungsmythen enden mit apokalyptischen Erzählungen und auch das fehlende Vertrauen in Staat und Regierung ist ein Aspekt, der bei Preppern und Verschwörungsideologien vorkommt.

"Ich kann mir vorstellen, dass man sich da hereinziehen lässt, wenn man unkritisch an solche Sachen rangeht", erzählt Sven Mielke. Gleiches gilt aus seiner Sicht auch bei der AfD. Er betont, es sei dabei aber wichtig, die Aussagen zu hinterfragen. Auch er informiert sich auf YouTube und in sozialen Netzwerken über politische Themen und Preppen – aber will sich nicht in irgendwelche Gruppen ziehen lassen.

Abstiegsängste und Furcht vor dem gesellschaftlichen Zusammenbruch

Hinter dem Preppertum steckt nach Kellers Erfahrung eine gewisse Unsicherheit. "Es herrscht ein Gefühl, dass man irgendwie auf sich alleine gestellt sein könnte und sich darauf vorbereiten muss", so Gabriela Keller. Sie sieht dabei einen Zusammenhang zur Veränderung in sozialen Sicherungssystemen wie der Rente und zu Abstiegsängsten der Mittelschicht. Aber auch die diffuse Angst vor einem gesellschaftlichen Zusammenbruch spielt bei einigen Preppern eine Rolle. "Das sind dann oft so Hollywood-Szenarien als wirkliche Kriegs- oder Krisenszenarien. The Walking Dead ist da so der Referenzrahmen", ordnet Gabriela Keller ein.

Angst vor einem Zusammenbruch der gesamten gesellschaftlichen Ordnung haben weder Svea noch Sven Mielke wirklich. Auch vom Waffenhorten halten die beiden nichts, rechte Prepper-Netzwerke können sie nicht nachvollziehen. "Finde ich absolut krank so was, als ob die Menschen nichts aus der Vergangenheit gelernt haben", so Mielke dazu. Für ihn geht es um konkrete Krisenszenarien, auch die Klimakrise spielt für ihn dabei eine Rolle.

Beide Prepper betonen, dass die Solidarität zwischen den Menschen wichtig sei – gerade in Krisenzeiten. "Ein gesunder Egoismus ist ja okay. Unter Freunden und so bin ich aber der Letzte der nein sagt. Solange ich geben kann, werde ich das tun", meint Mielke.

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