Trauung unter welchen Bedingungen? Kirchengemeinden auf Sylt streiten wegen Lindner-Hochzeit
Die Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner auf Sylt hat ein Nachspiel. Unter den Gemeinden der Nordseeinsel ist jetzt ein Streit entbrannt.
Die Sylter Gemeinden sind bei der Frage nach der Kirchenmitgliedschaft von Hochzeitspaaren gespalten. So hat der Kirchengemeinderat der Norddörfer Kirchengemeinde (Wenningstedt-Braderup und Kampen) entschieden, dass eine kirchliche Trauung in ihrer Gemeinde "weiterhin nur möglich ist, wenn wenigstens einer der beiden Mitglied der Kirche ist". Das berichtet der Evangelische Pressedienst (epd).
Der Gemeinderat beruft sich auf einen Beschluss der Synode der evangelischen Nordkirche vom November 2020. Hintergrund ist die Hochzeit des Bundesfinanzministers Christian Lindner und der Journalistin Franca Lehfeldt. Das Paar hatte sich am 9. Juli in der evangelischen Kirche St. Severin auf Sylt trauen lassen – obwohl beide keine Kirchenmitglieder sind.
- Trotz Kirchenaustritt: Christian Lindner reagiert auf Kritik an kirchlicher Hochzeit
Sylt: Ehepaar Lindner heiratete in Kirche St. Severin
In einem vorherigen Brief betonte die Kirchengemeinde St. Severin in Keitum auf Sylt, dass in Ausnahmefällen auch Paare getraut werden, die nicht in der Kirche sind. So seien 2020 in der Gemeinde 0,8 Prozent der getrauen Paare konfessionslos gewesen. Voraussetzung für eine Ausnahme von der Regel sei mindestens ein ausführliches Gespräch. "Das Ehepaar Lindner ist extra einen Tag nach Sylt gekommen", betonte der Gemeinderat St. Severin. Damit wolle man "neue Wege" gehen, um konfessionslose Menschen "an den Wendepunkten ihres Lebens zu begleiten".
Bereits wenige Tage nach der Hochzeit hatte sich die Evangelische-Lutherische Kirche in Norddeutschland, zu der beide Gemeinden zählen, zu der Trauung von Lindner und Lehfeldt auf Sylt geäußert. Demnach gelte laut den "Grundlinien kirchlichen Handelns" der Nordkirche, dass mindestens ein Ehepartner Mitglied der Kirche sein sollte.
Allerdings würde im Einzelfall die Kirchengemeinde über die Durchführung entscheiden. Auch die Nordkirche führte mindestens ein Gespräch als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Regel an, in dem geklärt werde, "ob die Vorstellungen eines Paares zu einer evangelischen Trauung passen".
Bundesweite Kritik an Lindner-Hochzeit
Nicht nur auf Sylt, sondern bundesweit hatte sich Kritik an der Hochzeit des FDP-Bundesvorsitzenden entzündet, etwa von der Theologin Margot Käßmann. "Wofür die Kirche inhaltlich steht, ist dabei offenbar egal. Das ist empörend, denn es hat ein Promi-Bonus-Geschmäckle", hatte Käßmann gesagt.
"Weshalb wünschen zwei Menschen eine kirchliche Trauung, die bewusst aus der Kirche ausgetreten sind, ja öffentlich erklärt haben, dass sie sich nicht als Christen verstehen?", so die Theologin weiter. Hier lesen Sie die ganze Geschichte.
- evangelisch.de: "Sylter Gemeinden bei Hochzeitsfrage gespalten"
- st-severin.de: Offener Brief des Kirchengemeinderats