Ausnahme wird zur Regel Mehr Nachtflüge trotz Verbot – Lärm ärgert Anwohner
Die Zahl verspäteter Nachtflüge am Flughafen Hamburg steigt deutlich an. Fluglärmgegner fordern nun strengere Maßnahmen zum Schutz der Nachtruhe.
Fluglärmgegner drängen darauf, die Betriebsgenehmigung am Flughafen Hamburg zu ändern. Laut Franziska Heß, vom Umweltverband BIG-Fluglärm Hamburg beauftragte Verwaltungsjuristin, zeigen sich die aktuellen Regelungen als untauglich für einen ausreichenden Nachtruheschutz. "Wir haben deshalb beantragt, die Betriebsgenehmigung des Flughafens so anzupassen, dass der Lärmschutz effektiv gewährleistet wird."
Zur Eindämmung des Fluglärms besteht am Hamburger Flughafen seit über 30 Jahren eine Nachtflugbeschränkung zwischen 23 und 6 Uhr. Verspätete Flüge dürfen jedoch zwischen 23 und 24 Uhr starten oder landen, sofern die Verspätung nachgewiesen unvermeidbar war. Passagierflüge nach 24 Uhr erfordern eine Ausnahmegenehmigung durch die Fluglärmschutzbeauftragte. Ausgenommen sind medizinische Hilfsflüge, Notfälle und Flüge hoheitlicher Stellen wie der Polizei.
950 Flüge umgehen Nachtflugverbot in Hamburg
Für die Fluglärmgegner relevant ist vor allem die Stunde zwischen 23 und 24 Uhr, in der verspätete Flugbewegungen massiv zugenommen hätten. So entfielen den Angaben zufolge zwischen Januar und November mehr als 14 Prozent der nächtlichen Flugbewegungen auf Verspätungen nach 23 Uhr. Insgesamt seien dies fast 950 Flüge gewesen. Aus Sicht der Fluglärmgegner zeige dieser Höchstwert, dass die Ausnahme zunehmend zur Regel werde, da klare Definitionen fehlten und die Kontrolle unzureichend sei.
"Seit Jahren verschlechtert sich die Situation für die Anwohnerinnen und Anwohner – und die Behörden sehen tatenlos zu", klagte der Vorsitzende des Dachverbands der Bürgerinitiativen und Vereine für Fluglärm-, Klima- und Umweltschutz (BIG-Fluglärm Hamburg), Martin Mosel. Es sei rücksichtslos gegenüber den Anwohnern, dass die Verspätungsregelung weder konsequent durchgesetzt noch an die Realität angepasst werde.
Hamburger Wirtschaftsbehörde soll strenger kontrollieren
Mosel forderte die Wirtschaftsbehörde auf, die Betriebsgenehmigung des Flughafens anzupassen und die Ausnahmeregelung so zu verschärfen, dass Verspätungsflüge drastisch reduziert werden. "Unvermeidbare Verspätungen" müssten klar definiert werden. Außerdem müsse es regelmäßige Kontrollen geben, Verstöße müssten mit empfindlichen Strafen geahndet werden. "Wenn die Behörden nicht bereit sind, endlich Verantwortung zu übernehmen, prüfen wir weitere rechtliche Schritte. Die Zeit des Aussitzens ist vorbei", sagte Mosel.
Erst Mitte März hatte die für den Fluglärm zuständige Umweltbehörde einen herben Rückschlag erlitten. Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied damals in einem Hinweisbeschluss, dass es für Gebühren oder Ordnungsgelder gegen Airlines wegen verspäteter Nachtflüge nach 23 Uhr keine Rechtsgrundlage gebe.
Davor mussten Airlines für die Prüfung der Unvermeidbarkeit der Verspätung 500 Euro zahlen. Waren die Flüge vermeidbar, drohte ein Bußgeld. Dagegen hatten die Fluggesellschaften Lufthansa und Condor vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Davon nicht betroffen sind die vom Flughafen erhobenen Nachtzuschläge von bis zu 700 Prozent.
- Nachrichtenagentur dpa