Im Stadtteil St. Georg Polizei will KI mit Videos von Passanten füttern und trainieren

Ab September will die Polizei Hamburg eine Künstliche Intelligenz mit echten Überwachungsbildern von Kameras an zwei zentralen Plätzen trainieren.
Die Polizei in Hamburg will ab September eine KI-Technologie mit Videomaterial von Passanten trainieren. Das Material soll am Hansa- und Hachmannplatz direkt am Hauptbahnhof aufgenommen werden. Ziel sei es, Gewalthandlungen wie Faustschläge besser automatisch zu erkennen.
Die Polizei bestätigte auf Anfrage, dass künftig Sequenzen von Überwachungsvideos für das KI-Training aufgezeichnet und ausgewertet würden. Allerdings sei nicht klar, ob es bei der "angedachten Startmarke am 1. September bleibt". Der Start der nächsten Phase ist grob für Ende des dritten, Anfang des vierten Quartals angedacht.
Trainingsmaterial wird nur zu bestimmten Zeiten mitgeschnitten
Im Prinzip geht es bei dem System darum, den Beamten vor den Bildschirmen ein Assistenzsystem beiseite zu stellen, damit gewaltsame Vorfälle schneller und automatisch erfasst werden können. Die erste Testphase war bereits im Sommer 2023.
Ein Folgeprojekt am Hansaplatz läuft seit September 2024. Neu ist, dass die KI nun mit Videos "gefüttert" und trainiert wird sowie ausgewählte Sequenzen zur Auswertung gespeichert werden dürfen.
Die KI müsse laut Polizei lernen, besser zwischen normalen Armbewegungen und gewalttätigen Handlungen zu unterscheiden – und dafür brauche es echte Aufnahmen von Menschen im öffentlichen Raum. So soll sie gefährliche Bewegungen erkennen und melden, um die Beamten vor den Screens zu unterstützen.
Keine durchgängigen Aufzeichnungen
Laut Polizeisprecher handele es sich nicht um eine durchgängige Aufzeichnung rund um die Uhr. Für das KI-Training sollen mögliche Sequenzen am Hansaplatz jeweils nur montags bis donnerstags zwischen 15 Uhr und 6 Uhr am nächsten Morgen sowie freitags bis sonntags von 9 Uhr bis 6 Uhr am Folgetag aufgenommen werden. Am Hachmannplatz weichen die Zeiten leicht ab.
Es handele es sich um kurze Teile von Aufzeichnungen, bei denen die bereits aufgeschaltete KI einen Beamten alarmiere, weil ihr etwas verdächtig vorkommt. Der Beamte sichte die Sequenz und leite sie weiter, sofern sie brauchbar ist. Solche Mitschnitte würden schließlich an das am Programm beteiligte Fraunhofer-Institut zur Auswertung weitergeleitet.
Die Akteure in den Videos seien dabei zu "Strichmännchen" verfremdet. Es würden weder "biometrische Daten erfasst noch erfolgt eine Bestimmung von Alter, Geschlecht oder Ethnie", hieß es bereits in einer Mitteilung der Polizei von 2023.

IVBeo2 - "Intelligente Videobeobachtung"
Für die Analyse der Videos werden die Daten der Kameras mit Algorithmen hinsichtlich auffälliger Bewegungsmuster live ausgewertet. Dabei werden Personen "digital skelettiert" in Strichfiguren umgewandelt. Dann sucht die Software " atypische Bewegungsmuster". Im Trefferfall erzeugt das System einen optischen Teaser an den Videobeobachter des zuständigen Polizeikommissariats 11. Dieser entscheidet dann, ob Gefahr besteht und die Polizei ausrückt. Das System wird zusammen mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt.
Längere Speicherung der Videodaten
Die Speicherung einiger Aufnahmen ist laut NDR bis August 2026 geplant. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Thomas Fuchs habe die Polizei nach Einzelheiten zur Speicherdauer und zur Zugriffskontrolle gefragt – eine Antwort stehe aber nach Angaben seiner Behörde bislang aus.
Die Polizei Hamburg sagte zu t-online: "Bezüglich der Weiterentwicklung der intelligenten Videobeobachtung befinden wir uns aktuell in den finalen Planungen und relevanten Abstimmungen" – und dazu gehöre auch die Abstimmung mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.
- Antwort auf eine Anfrage bei der Hamburger Polizei per Email vom 30. Juli 2025
- Telefonat mit einem Sprecher der Hamburger Polizei
- polizei.hamburg: "IVBeo2 – Intelligente Videobeobachtung"
- ndr.de: "Polizei Hamburg will KI mit Videos von Passanten trainieren"
- hamburg.de: "IVBeo2: Intelligente Videobeobachtung auf dem Hansaplatz gestartet"