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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hamburg Kultapotheke soll schließen – Besitzer appelliert an Vermieter
Rüdiger Bettin soll Hamburgs schönste Apotheke räumen. Doch der Vermieter sagt nicht, warum.
Die Kündigung liegt auf dem Tisch, Rüdiger Bettins Existenz steht auf dem Spiel. Doch sein neuer Vermieter meldet sich nicht. Dabei wüsste der Apotheker vom Hamburger Jungfernstieg gerne, wie es jetzt weitergeht.
Stand jetzt muss der Besitzer von Hamburgs wohl schönster Apotheke im April ausziehen. Das Haus, in dem die Apotheke ihren Sitz hat, ist verkauft worden. Der neue Vermieter hat dem Apotheker schriftlich gekündigt. Bleibt es dabei, wird "Roth's alte englische Apotheke" bald Geschichte sein – und Hamburg um eine Attraktion ärmer.
Benko baut in Hamburg unter anderem den Elbtower
Die Apotheke ist mehr als 200 Jahre alt und einmalig. Das Interieur in den hinteren Räumen stammt aus den 1920er-Jahren. Die Einrichtung vorne ist so alt und bemerkenswert, dass selbst Reiseführer einen Besuch der Apotheke empfehlen. "Wir sind auf jeden Fall Hamburgs schönste Apotheke", glaubt Bettin. Die älteste ist sie nicht, die befindet sich in Altona.
Wer hinter der Firma steckt, die ihm gekündigt hat, weiß Bettin nicht genau. Die neuen Besitzer der Immobilie sprechen nicht mit ihm. Er habe bislang nur gehört, es könnte eine Tochterfirma des österreichischen Immobilieninvestors Signa sein. Sicher ist er sich aber nicht.
Touristen finden Bettins Apotheke nicht mehr
Ein Blick ins Handelsregister bringt Klarheit. Als neuer Besitzer des Hauses ist eine Firma namens Hamburg Jungfernstieg 48 Immobilien GbR eingetragen. Die Chefs der Firma sind auch Manager bei Signa. Dahinter verbirgt sich der Österreicher René Benko. Details lesen Sie hier.
Benko hat unter anderem Karstadt gekauft, um große Teile davon jetzt abzuwickeln. Auch der umstrittene "Elbtower" in der Hafencity ist ein Signa-Projekt. Benko gilt in Österreich als berüchtigt. Im letzten Jahr hat die Staatsanwaltschaft in Österreich Benkos Geschäftsräume durchsucht. Einen Prozess wegen Korruption hat er kürzlich unbeschadet überstanden.
Auch auf Anfrage von t-online schweigen sich die neuen Besitzer des Gebäudes aus. t-online hat im Hamburger Büro der Firma nachgefragt, in der Wiener Zentrale und der Deutschland-Dependance in Berlin: Am Telefon wird auf das jeweils andere Büro verwiesen. Rückrufe werden nicht getätigt.
Bettins Sorgen könnten also nicht unbegründet sein. Zumal ihm die Firma Signa jetzt schon das Leben schwer macht. Die bebaut gerade das Grundstück direkt neben seiner Apotheke.
Der Vermieter soll sich endlich bei mir melden.
Rüdiger Bettin
Um die Baugrube zu schützen, hat Signa dort eine große Plane um das Areal gespannt und Bettins Apotheke gleich mit "eingewickelt". Nur ein kleines Stück seines Apothekenschilds ist noch zu sehen.
Seitdem finden Touristen die Apotheke nicht mehr, klagt Bettin, und spricht von einem Einnahmeausfall in Höhe von 50 bis 60 Prozent jeden Monat. Noch kommt er damit über die Runden, auf Dauer jedoch nicht. Daraus macht er keinen Hehl.
Eine große Sache will er daraus aber nicht machen. "Ich möchte ein gutes Verhältnis zu meinem Vermieter", betont er. Sein größter Wunsch: "Er soll sich endlich bei mir melden".
- Telefonat mit Apotheker Rüdiger Bettin
- Telefonat mit Büros der Firma Signa
- Eigene Recherchen