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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Elbqueerung Gutachten wirbelt Diskussion um Köhlbrandbrücke neu auf
2030 droht das Aus: Die Köhlbrandbrücke, eines der Wahrzeichen Hamburgs, soll abgerissen werden. Ein Gutachten zeigt aber: Es gäbe Alternativen.
Die Köhlbrandbrücke kann doch gerettet werden. Das geht aus einem Gutachten hervor, das 2007/2008 im Auftrag der Hamburg Port Authority (HPA) erstellt worden ist und erst jetzt in Gänze veröffentlicht wurde. t-online liegt das Gutachten vor. Demnach ist der geplante Abriss der Brücke keineswegs alternativlos. Aus Sicht der damaligen Verfasser ist auch eine Instandhaltung des Bauwerks möglich. Als Erstes hatte "zeit.de" darüber berichtet.
Die Ergebnisse sind brisant: Sie widersprechen Plänen der Hamburger Wirtschaftsbehörde, die die Brücke um das Jahr 2030 herum abreißen lassen möchte. Der Verkehr durch den Hafen soll dann durch einen Tunnel geleitet werden, der extra gebaut werden müsste.
Wirtschaftssenatorin Leonhardt lehnt einen Erhalt der Brücke ab
Auch den stellen die Autoren des Gutachtens infrage. Der würde nämlich um die 5,3 Milliarden Euro kosten, Stand jetzt. Für eine Sanierung der Brücke veranschlagen die Verfasser des Gutachtens gut 90 Millionen Euro, plus der regelmäßigen Wartung, die bei alten Brücken immer notwendig sei.
Im Hafenentwicklungsplan hat ein Ersatzbauwerk für die 1974 eröffnete Brücke allerdings besondere Bedeutung. "Die bautechnisch abgängige Köhlbrandbrücke wird in den 2030er-Jahren durch ein neues Querungsbauwerk ersetzt", heißt es dort im Behördendeutsch.
Was anstelle der alten Brücke gebaut werden soll, ist derzeit unklar. Die Pläne für einen Tunnel hat Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhardt vor einiger Zeit gestoppt. "Für eine indikative Brückenplanung", so Leonhardt Mitte Juni zum NDR. Erste Pläne will sie 2024 vorstellen.
Behördensprecher Helfrich hält die Ergebnisse für veraltet
Die alte Köhlbrandbrücke zu erhalten, lehnt sie, laut "ndr.de" aber ab. Das sei technisch zwar möglich, wirtschaftlich aber nicht sinnvoll.
Die Lebensdauer von Brückenbauwerken dieser Bauart und dieses Baujahrzehnts sei begrenzt und Sanierungsarbeiten wären extrem teuer. Zudem sei sie nicht auf das heutige Verkehrsaufkommen auf der Brücke ausgelegt und zu niedrig für sehr große Schiffe.
Martin Helfrich, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, gibt auf t-online Nachfrage zu bedenken: "Die Daten des Gutachtens sind 15 Jahre alt, deshalb veraltet." Seitdem seien Tausende weitere Laster über die Brücke gefahren, jeder einzelne Lkw habe dem Bauwerk weiter zugesetzt. Auch sind die damals veranschlagten Sanierungskosten wohl nicht mehr zu halten.
Helfrich weiter: "Davon wird sie zwar auf künftig nicht einstürzen. Ein Abriss bleibt aber alternativlos".
- zeit.de: "Ist die Brücke doch zu retten?"
- Telefonat mit Martin Helfrich, Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde
- Eigene Recherchen
- ndr.de: "Köhlbrandquerung: Pläne sollen Anfang 2024 vorliegen"